The ultimate Challenge

  • Juhuuu, ich habs geschafft!

    Zur Zeit sind wir noch in Schweden. Deshalb kann ich noch nicht viel darüber schreiben.

    Es fühlt sich so gut an. Ich glaube ich habe an meiner Grenze gekrazt. Aber zu Wissen, zu was man fähig und im Stande ist, ist wirklich ein ganz tolles Gefühl. Ich bin so stolz auf mein Team! Sie haben für mich gekämpft und ich auch für sie.

    Man kann jetzt sagen, es ist ja nur ein Rennen. Aber was, wenn sich die Leithunde dazu entscheiden nicht mehr weiter zu laufen? Dann bist du echt in der Pampa und Schneetöff-Hilfe kommt nicht so einfach auf Knopfdruck, wie Kollegen von uns erfahren mussten. Er bivakierte über 15 Stunden im Schneesturm im Fjäll. Eine andere Kollegin hatte auf dem Trail eine Beisserei und danach einen Biss in der Hand und musste wohl oder übel noch 2 h so Schlitten fahren...

    Deshalb, danke meine Doggies, ihr seid wundervoll!!

  • Bin gespannt auf deinen weiteren Bericht vom gemeinsamen Abenteuer ;) welches Ihr erlebt habt. Es brauchte wohl viel Mut und ein grosses gegenseitiges Vertrauen von Dir und den Vierpfoten. Einen seriösen Aufbau um alle Fit zu sein. Tolle Leistung. Sehr schön, dass ihr alle gesund geblieben seid. Geniesse weiterhin das schöne Gefühl des Erfolges.


    Sage es mir, und ich werde es vergessen; Zeige es mir, und ich werde mich daran erinnern; Beteilige mich und ich werde es verstehen!!! (lao tse)

  • So nun habe ich endlich mal ein bisschen Zeit von meiner persönlichen ultimativen Challenge zu schreiben.

    Eckdaten vorab:

    Särna, Mittelschweden

    170km Langdistanzrennen

    Mind. 2h Pflichtpause im Checkpoint nach 85km

    Start an einem Mittwoch 11.00 Uhr

    Ich im Ziel, Donnerstag Morgen 05.30 Uhr

    Zeit 18 h 30 , davon 16 h auf dem Schlitten !!

    25 Teams aus ganz Europa in meiner Klasse, Rang 18.

    Dem Rennen gehen unzählige Trainingskilometer auf Dreck und Schnee voraus. Herbst und Winter bis Anfang Februar hatten wir fast perfekte Trainingsbedingungen. Die letzten Wochen vor dem Rennen waren aber hart, sehr hart! Schlechtes Wetter (eisig, kein Schnee) und Zickereien unter den Hündinnen machten uns fast eine Strich durch die Rechnung. Doch wir gaben nicht auf. So etwas ist ein Projekt! Es ist nicht einfach mal kurz einen Lauf absolvieren, den man an einem anderen Ort in zwei Wochen wieder so absolviert. Entweder geht alles auf am Schluss, oder eben nicht.

    So nun aber zum Rennen selbst.

    In meiner Kategorie hatte es ein Starterfeld von 25 8er Gespanne, die pünktlich 15min vor dem Start unten auf dem See bereit stehen mussten. Das Rennen fand unter dem Motto "Back to Basics" mit einem Massenstart auf dem gefrorenen See statt. Ich staunte über mein Team, welches sich relativ ruhig und sehr gesittet verhielt, 15 min sind eine lange Zeit, eingespannt! Spannenderweise war ich überhaupt nicht nervös, sondern wollte einfach nur los, endlich los, endlich unterwegs sein mit meinem Gespann. Ich fühlte mich wie ein Rennpferd in der Box, welches endlich losrennen will. Dann gings los und ich liess die schnelleren Gespanne bewusst einige Sekunden vor mir losziehen. Das war wirklich ein grandioses feeling auf dem See mit 25 anderen Gespannen! Der erste Teil nach dem See sollte spannend werden, denn sie sagten uns eine Passage voraus, auf welcher wir den rechten oberen Weg nehmen sollten. Ich schön eingereiht etwa im hinteren Drittel musste plötzlich auf einer Asphaltstrasse, schneebedeckt natürlich aber als Leichtgewicht ein geladenes 8er Team da lange im Stand by zu halten unmöglich, im Konvoi sozusagen anhalten. Oh schreck! Was wenn ich sie nicht mehr "halten" kann? Zum Glück spürten die Doggies meinen Schreck wohl und verhielten sich ruhig. Irgendwas war da ca. 300m weiter vorne los, so das s alle Gespanne anhalten mussten. Gleich danach ging es auf diesen rechten Weg, welche meine Doggies souverän auch einschlugen und bei welchem die meisten anderen Teams den "falschen" unteren Weg nahmen. Super Dogs! Danach folgte eine 15km lange "Autobahn" Strecke, wo ein überholen überhaupt kein Problem war.

    Schnell fand mein Team seinen Rhytmus und wir liessen uns nicht stressen von den schnelleren Teams. Immerhin hatte ich mit Mandrake einen älteren Hund im Team und auch die drei Youngsters sollten sich nicht schon auf den ersten 30km verausgaben. Immer nach ca. 2h oder 25km, hielt ich kurz an und gab den Hunden einen Fleischsnack, damit sie ihr Energiedepot wieder auffüllen konnten, und ich genoss kurz, ganz kurz einen heissen Schluck Tee aus meiner Thermosflasche. So ein Snackhalt dauerte immer ca. 3-5min. , nicht länger !!

    Dann kam es ... dieses Fjäll. Ich war viel zu warm angezogen und musste schon ziemlich weit unten unbedingt meine Jacke ausziehen. Das ist mehr oder weniger kompliziert mit der Startnummer umgebunden und wenn man dafür nicht wirklich anhalten will.
    Wir genossen unsere Fahrt bis mitte des Fjälls. Es war wirklich ATEMBERAUBEND der Aufstieg und auch oben. Ich konnte es nicht lassen anzuhalten um ein Foto des Teams von vorne zu machen. Dann wurde es echt anstrengend, der Trail war wie Sand, zt. Schräghang und einfach nicht mehr enden wollend. Ich sah noch Teams vor mir, aber wir konnten sie nicht einholen. Ich war mir nicht sicher ob Ghiruna im Lead noch "sauber" lief oder nicht. Meistens war ich aber ganz alleine, irgendwie wie verloren in Zeit und Raum, weiss in weiss, blau in blau und grau, diese Landschaft, das Team und ich, wir verschmelzten regelrecht, es war gigantisch.
    Im Wald bei km 70 legte das Team nochmal einen Zahn zu bis zum Checkpoint. (85km) Ich war schon ziemlich müde nach so langer Zeit auf dem Schlitten. Im Checkpoint musste ich die Hunde sichern, snacken, pflegen, zudecken und das alles möglichst schnell und effizient, damit diese möglichst 2 h ruhen/schlafen können. Die "alten" Hasen kannten das Prozedere schon und benahmen sich sehr vorbildlich. Tinny & Leva legten sich auch schnell ins Stroh, aber Fjell ? Fjell war doch noch im Geschirr und der Schlitten immernoch hinter ihm angemacht, das geht gar nicht für ihn. Er wollte immernoch weiter rennen. Ich musste ihn stürzen und ins Stroh legen und bei ihm bleiben, bis seine Äuglein langsam zufielen und er sich der Müdigkeit ergab. Ich setzte mich ans kleine Feuer erzählte meinem Doghandler (Mann) wie es so war und verdrückte ein Sandwich. Bevor ich dann weiterfahren konnte, kam das Vet Team und checkte meine Hunde. Fjell lief vorher etwas komisch, aber zog immer wie ein Ochse, ich sagte den Vets, sie sollen ihn besonders gut checken, er zeigte aber keine Schmerzen. Ghiruna hingegen sah aus wie ein Häufchen Elend, irgendwas war nicht in Ordnung mit ihr. Schnell fanden wir heraus, dass ihr Hinterbein angeschwollen war und sie beim manipulieren richtig Schmerzen hatte. Ich liess sie also im Checkpoint bei meinem Mann und den Vets zurück. Natürlich war es ganz logisch, dass ich einen Hund mit Schmerzen nicht mehr mitnehme, aber es tat mir so weh, sie ist doch so ein wichtiger Teil des Teams, es ist einfach nicht mehr das gleiche, egal welcher Hund fehlt. Ich musste also die Teamaufstellung ändern. Da mir Tinny im Wheel (zuhinterst) nicht gefiel, wollte unbedingt Stripe ins Wheel zu Cid nehmen. Tinny durfte nun Swing (zweitvorderst) laufen, Mandrake & Fjell Team und Xena mit der Jüngsten im Team, das kleine Schwarze, Pippi, Leva in Lead. Es begann richtig fest zu schneien. Aber mit Xena im Lead weiss ich, dass wir den Trail finden und sie nicht aufgeben wird, auch wenn es hart wird.
    Nach 2h 20min. starteten wir also zur zweiten Etappe von 82km. Das Team voll motiviert in einem flotten Tempo die ersten 20 km. Ich war eigentlich total überrascht wie sie liefen. Schon bald holten wir einige Gespanne ein und fuhren im Konvoi weiter. Die Teams vor uns hielten an und wir furhen weiter. Bald ging es wieder hoch ins Fjäll. Plötzlich beginnt meine Stirnlampe zu flackern, was bedeutet, dass sie bald keinen Akku mehr hat. Shit!! Natürlich habe ich noch einen Ersatzakku dabei, aber was ist wenn dieser auch so schnell vorbei ist? Ich testete wie es wäre, ohne Licht zu fahren. No way! Stockdunkel! Mit Mondschein wäre das ja gegangen, aber es schneite ununterbrochen. ich wechselte den Akku und liess die Lampe auf Sparflamme laufen. Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr nachts bei Schneegestöber Auto fährt? Das ist wie in Trance verfallen. Und das noch 8 h !!! Mit einem Tschechen hatte ich nun zwei Überholmanöver, nichts besonderes. Aber seine Hunde liefen nicht weiter. Zuerst war ich froh, den Tschechen im Schlepptau zu wissen, schon nur wegen der Lampe, auch meine Hunde störte es nicht, die liefen einfach ihr Tempo. Wir hängten ihn dann irgendwann ab, weil seine Leithunde einfach nicht mehr weiterliefen. Tja, auch das gibt es. Ich wusste nicht auswendig wo ich war und der Weg kam mir viel zu lange vor. Es schien endlos dieses Fjäll. Beim Abstieg und den letzten 30km hatte ich richtig mit der Müdigkeit zu kämpfen. Der ständige Schneefall und die Lampe auf dem Minimum machten die Fahrt zur Tortur. Ich begann mich willkürlich auf dem Schlitten zu bewegen, genoss jede ach nur so kleine Steigung um mitzukicken um nicht einzuschlafen. Ich sang Lieder für die Doggies, jeder hatte "seinen" Wunsch, was ich ihnen vorsingen sollte. Ja, es klingt echt verrückt, das war es auch. Zu guter letzt bildete ich mir immer wieder ein Sachen zu sehen, die gar nicht da waren. Schuppen, Häuser, Strassenlichter, Sternen, Stirnlampen, Tiere, echt, es war wie so eine Fatamorgana, es macht es einfach mit dir, du kannst das nicht abstellen, es war krass!!. Ich kannte die letzten 20km recht gut. Und so ca. die letzten 7 km waren dann nochmals eine gefühlte Ewigkeit. Das Team wurde etwas langsamer, und ich versprach ihnen immer wieder, bald am Ziel zu sein. Der ganze Körper, vor allem der Schulterbereich tat mir enorm weh. Durch die Zugluft zog ich mir wohl die letzten Stunden die Schultern hoch. Ansonsten hatte ich überhaupt nie kalt. Der Kältegott schien sowieso an diesem Rennen auf meiner Seite gewesen zu sein. Ich half den Hunden da wo ich nur konnte. Sie gaben alles für mich, ich alles für sie. Und dann endlich kam der See. Ich weinte vor Glück. Nun war mir alles egal, es war ein MEGA Gefühl. Unbeschreiblich. Die Hunde liefen alle noch so gut ins Ziel. Natürlich war da keiner mehr ausser zwei Zeitmesser, ein TA und mein Mann. War ja auch 5.20 Uhr morgens.

    Überglücklich trotteten wir noch bis zum Auto, versorgten alle Hunde, die auch froh waren in ihren weichen Strohbettchen im Auto zu liegen, und legten uns für ein paar Stunden schlafen. Der " ICH HABS TATSÄCHLICH GESCHAFFT" Flash kam erst später. Und ganz egal, wie das für Andere ist, schwierig oder leicht, ich persönlich, ich habe an meiner Grenze gekrazt, ich habe meine Grenze zwischenzeitlich überschritten. Und dieses Wissen, körperlich, geistig, so etwas geschafft zu haben, lässt jeglichen Alltagsstress völlig nichtig erscheinen und gibt einem so ein gutes Gefühl, ein grandioses Gefühl, vor allem als eher zurückhaltenden unscheinbaren Menschen, es gab mir so viel Grösse und Selbstbewusstsein, dass ich einfach unsäglich dankbar sein kann, so privilegiert zu sein, so etwas erleben zu dürfen.

    Danke Doggies! Es war grossartig mit euch !! Ich werde das nie vergessen !!

  • Und nun noch ein paar Bilder für euch.

    Viele Fotos habe ich nicht, da ich ja auch den Handyakku sparen musste ;)

    Vet Check vor dem Rennen. Alle Hunde fit und munter, und die wurden richtig richten eindringlich gecheckt!

    Pflichtmaterialkontrolle durch den Race Marshall - alles dabei. ;)


    Unsere Bleibe (Häuschen), ja es war wie ein Zwergenhaus. lach.

    Unterwegs

    Langsamer Aufstieg ins Fjäll

    Checkpoint

    Da hatten wir uns gerade Fjell angeschaut, ob er normal läuft und so.


    Geschafft!

    Wahnsinnig stolz auf das ganze Team und besonders das kleine Schwarze


    Mein Lieblingsfoto

    Falls ich was vergessen habe.. einfach nachfragen.

    Und auf die Frage, ob ich so etwas wieder machen würde ....

    - gleich nach dem Rennen --> das mach ich nie wieder!

    - einige Tage danach --> ja vielleicht etwas weniger langes.

    - Wochen danach --> ja gut, da gäbe es noch so viele Punkte zum optimieren, war doch so ein tolles Erlebnis, ja vielleicht :)

    Liebe Grüsse

    Husky - Passion

    P.s.

    Ghiruna erhielt am Checkpoint eine Infusion und eine Lasertherapie. Am Tag danach nochmals Lasern. Zwei Tage danach lief sie ganz normal. 7 Tage später konnte sie wieder eingespannt werden. Fjell hingegen hatte sich eine Schulterverletzung zugezogen. Der verrückte Kerl zeigt einfach keine Schmerzen an und lief alles unter vollem Zug durch !! Danach war für ihn aber die Saison fertig und wir haben ihn nicht mehr eingespannt. Leider. Jetzt gehts ihm aber schon wieder gut. Juhuu.

  • Dein Bericht hat Pipi in meine Augen gemacht. :biggrin:

    Vielen Dank fürs Teilen, voll berührend. <3

    And when the time comes, remember that dogs never die. They are sleeping in your heart.

  • Danke fürs teilhaben lassen ... :good:

    Grüsse Nathalie mit

    Tarek, Tervueren, 12.11.2014

    Unique, Malinois, 18.05.2018

    Amaruq, Malinois, 15. 05. 2021
    Und Whyona im Herzen 20.06.2002 - 03.04.2017

  • Wow super Leistung, gratuliere!

    Natürlich für die Hunde aber auch für dich als Musher. So lange hinten auf dem Schlitten stehen, Hut ab!

  • Danke euch vielmal !

    Es freut mich sehr zu lesen, dass einige meinen Bericht mit (mehr oder vielleicht auch weniger) Spannung gelesen haben. Es ist für mich sehr schwierig abzuschätzen ob man als Laie da überhaupt draus kommt und so "mitfiebern" kann oder ob man da eher nur Bahnhof versteht, was ich auch völlig normal fände.

    Vielleicht kann ich dann auch irgendwann die Videos vom Massenstart oder von mir selbst einstellen, aber das dauert wohl noch seine Zeit. Bei uns läufts grad Schlag auf Schlag ... mehr News dann im Husky Passion Team in Bildern Thread. ;) hihihi

    Oder sonst darf man mich auch gerne auf FB anfreunden ;)

    • Offizieller Beitrag

    Wow, ein sehr eindrücklicher Bericht. Merci fürs Teilen! Das muss ein Wahnsinns-Erlebnis gewesen sein, mir bleibt der Atem schon nur stocken wenn ich das lese. Bei mir würde das definitiv auch ganz, ganz schwer an der Grenze kratzen. Da kannst du echt sowas von stolz sein auf dich und dein Team!

  • Herzlichen Dank für deinen sehr spannenden Bericht. Ich finde es immer noch sehr mutig an dieser Challenge teilzunehmen. Ihr ward wohl ein super eingespieltes Team. Wie waren den die Temperaturen unterwegs? Stundenlang auf dem Schlitten stehen und dann auch noch bei Schneefall und aussteigendem Lichtakku, also Du hast deine Gefühle vor allem nach dem Rennen redlich verdient und schön, dass Du das so erleben konntest und geniessen darfst. Herzliche Gratulation. Schön, dass alle Hunde wieder wohlauf sind.


    Sage es mir, und ich werde es vergessen; Zeige es mir, und ich werde mich daran erinnern; Beteilige mich und ich werde es verstehen!!! (lao tse)

  • Danke - schön !! :love:

    Die Temperaturen waren zwischen -8 bis -15 Grad, also nicht wirklich kalt. Und gestürmt hat es auch nicht, es war nur Schneefall. Zum guten Glück! Denn mit Sturm wäre das echt hart gewesen. Ich war eigentlich sogar zu warm angezogen. Ich hatte nie wirklich kalt. Es hat halt so beim Hals, obwohl der eigentlich auch sehr gut gedeckt war, trotzdem etwas reingezogen, so habe ich mir immer die Schultern hochgezogen und verspannte mich total. Ich habe eine super Daunenjacke, die ist super leicht, aber gibt schön warm. Ich liebe sie. ^^